Schenken und warum Geburtstage (Un-)wichtig sind

Geburtstage Schenken
Photo by Annie Spratt

Sind Geburtstage nicht irgendwie total seltsam?

Warum feiern wir jemanden, obwohl diese Person nichts dafür kann?

Sollten wir nicht eher die Eltern beziehungsweise die Erzeuger:innen feiern, da diese neues Leben geschaffen haben? Oder feiern wir einen Geburtstag, weil wir uns freuen, dass jemand es ein weiteres Mal um die Sonne herum geschafft hat? Feiern wir also nicht die Erschaffung, sondern viel mehr die Erhaltung des Lebens? Erfüllt es die Beschenkten nicht viel mehr, wenn sie erst Geschenke für etwas erhalten, das sie auch erreicht haben?

Und welche Bedeutung verleihen diese ganzen Fragen Geburtstagen? Sind sie nun wichtig oder unwichtig?

Warum feiern wir überhaupt Geburtstage?

Geburtstage Schenken
Photo by Annie Spratt

Wenn wir uns also obige Fragen stellen, dann ist der Grund für das Feiern eines Geburtstages plötzlich gar nicht mehr so offensichtlich, oder?

Als gesellschaftliche Konvention feiern wir Geburtstage jedes Jahr und dazu bekommt das Geburtstagskind Geschenke. Nach diesen ganzen Fragen erscheint das doch ein wenig seltsam, oder? Und warum feiern wir das jedes Jahr? Weil unser Leben so willkürlich ist und wir vielleicht im nächsten Jahr gar nicht mehr die Gelegenheit dazu haben? Verleihen wir Geburtstagen vielleicht aber auch einfach zu viel Aufmerksamkeit? Schließlich hat ein jeder von uns irgendwann einmal Geburtstag und vor allem vor dem Hintergrund, dass diese jedes Jahr wiederkehren, sollte das doch nichts Besonderes sein oder?

Abgesehen von Geburtstagen berühmter Persönlichkeiten natürlich. Diese kann man ebenso als Gedenktag an die großen Errungenschaften dieser Person verstehen. Gerade dann, wenn diese Person mehrere große Leistungen erbracht hat, bietet sich der Geburtstag als Gedenktag an all diese an. Es ergibt Sinn, diesen zu feiern. Als Gedenktag ist es auch völlig einleuchtend, diesen jedes Jahr zu feiern. Sodass wir eben jedes Jahr an eine Person und ihren (wahrscheinlich) wichtigen Beitrag zur Gesellschaft denken. Weiterhin sind solche Geburtstage, jedenfalls nicht mehr, als „Otto-normal-Geburtstage“, weniger geplagt vom übertriebenen Schenken und Beschenktwerden. Noch weniger natürlich, wenn die Persönlichkeit schon nicht mehr unter uns weilt.

Die Qual des Schenkens und Beschenktwerdens

Geschenke schenken gehört zum Geburtstag
Photo by Dakota Corbin

Sind Geburtstage von einfachen Feiereien zu üppigen Geschenkbergen mutiert, um des Konsumes Willen? Beschenken wir uns mit immer mehr und immer häufiger, nicht weil wir das möchten oder etwas brauchen, sondern, weil uns von der Industrie diese gesellschaftliche Konvention vorgegaukelt wird?

Wenn wir uns das mal so ansehen, dann ist der, ich nenne ihn hier jetzt mal „Geburtstagsmarkt“, unglaublich groß und womöglich ein genauso großes, wenn nicht sogar größeres Geschäft als der Valentinstag oder ähnliche „Feiertage“ nur, dass Geburtstage, zum Glück der gesamten Branche, das ganze Jahr über stattfinden.

Das spiegelt sich auch in dieser Statista-Umfrage aus dem Jahre 2017 wieder. Darin wird unter den Befragten ihr liebste Anlass für Geschenke abgefragt und siehe da: Der Geburtstag ist ganz oben.

Quelle: Statista-Umfrage

Und wer dann nichts schenkt, der gilt gleich als unhöflich. Man möchte sich ja dann auch nicht selbst ausgrenzen. Laut einer YouGov-Studie haben wir im Schnitt 3,7 enge und 11 weitere Freunde, die es ja auch alle zu beschenken gilt. Wenn wir also ein:e sehr gute:r Freund:in sind, wobei dei Güte einer Freundschaft natürlich nicht an der Schenkbereitschaft gemessen werden kann, dann gilt es über das Jahr durchschnittlich 15 Geburtstagsgeschenke zu besorgen. Das sind ganz schön viele und da ist noch nicht mal unsere Familie mit eingerechnet. Wenn wir das Ganze jetzt noch mit folgender Studie, die für die Messe Frankfurt angefertigt wurde, in Verbindung setzen, wird es ganz schön teuer. In dieser Studie wurden die Durchschnittsausgaben pro Anlass ermittelt. Geburtstage kommen im Schnitt auf 134,5€!

Durchschnittsausgaben nach Geschenkeanlass
Quelle: Messe Frankfurt Exhibition GmbH

Bei 14,7 Geburtstagen im Jahr und 134,50€ durchschnittlich pro Geburtstagsgeschenk kommen wir somit auf 1.977,15€ Geschenke pro Jahr. Uff, ein ganz schöner Batzen.

Ich bin ganz ehrlich, ich gebe nicht so viel Geld für Geschenke aus. Aber muss ich das überhaupt? Schließlich drängt sich mir jetzt die Frage auf, ob es das überhaupt wert ist. Also:

Schenken oder nicht schenken

Also lieber doch nicht schenken?

Je nachdem in welchen Kreisen wir uns aufhalten ist diese Schenkerei unterschiedlich ausgeprägt. In manchen Gruppen wird gar nicht geschenkt, sodass es auch nicht unhöflich ist, nichts zu schenken. In anderen Gruppen werden hingegen reichlich und großzügig Geschenke gemacht. Es richtet sich nun also nicht zwangsweise nach dem Beschenkten, sondern viel mehr nach der Gruppe und ihrer Erwartungshaltung an das Geburtstagsfest. Irgendjemand hat das möglicherweise mal begonnen (oder eben nicht) und dann hat es sich hochgeschaukelt. Meistens fühlt man sich ja dann doch irgendwie schuldig, wenn man ein Geschenk erhält. Man wird vom eigenen schlechten Gewissen gezwungen auch etwas im Gegenzug zu schenken. Auch wenn das nicht offiziell verlangt wird, verspüren wir dieses seltsame Gefühl.

Was können wir nun aber tun, wenn wir uns in solch einer Gruppe unwohl fühlen?

Haben wir die Möglichkeit diese falsche Konvention zu durchbrechen und weniger zu schenken, dem Beschenkten aber gleichzeitig zu vermitteln, dass er durch das Fehlen von Geschenken nicht weniger besonders ist als jemand anderes? Ein schwer zu erfüllendes Ziel. Notwendig wäre hier der gleichzeitige Bruch in der gesamten Gruppe. Aber fühlen sich dann die noch nicht beschenkten vernachlässigt? Ist solch ein Bruch nur an Neujahr möglich und kann man das überhaupt so flächendeckend durchführen?

Wahrscheinlich nicht.

Genauso, wie wir langsam immer mehr schenken müsste man es auch wieder langsam abbauen. Ausschleichen quasi.

Aber muss es überhaupt ein teures Geschenk sein?

Der Gedanke zählt!

Vor allem wird das gerne dann benutzt, wenn wir weniger Geld für ein Geschenk ausgeben möchten oder, wenn uns nicht so was richtig passendes für das Geburtstagskind eingefallen ist. Tatsächlich hat aber eine Studie (PDF) gezeigt, dass zunächst die Qualität eines Geschenks am ausschlaggebendsten ist. Vor allem wenn du ein gutes Geschenk (also ein Geschenk, dass dem Geburtstagskind gut gefällt oder gut zu ihr/ihm passt) machst, sind die Gedanken, die du dir dafür gemacht hast sowie der Wert egal.

Tatsächlich zählt der Gedanke eher erst, wenn du ein schlechtes Geschenk gemacht hast und dann wahrscheinlich auch noch weniger, als du selbst vermutest. Es scheint, als ob einzig und allein die Schenkenden von den „Gedanken“ profitieren, da die so verwendete Zeit und das Denken an das Geburtstagskind unser Gefühl von Verbundenheit zum Geburtstagskind stärkt (vgl. Zhang & Epley, 2012).

Die Lehre daraus ist klar: Lieber etwas schenken, was sich das Geburtstagskind wünscht, als etwas, von dem wir selbst halten, dass es besonders durchdacht ist. Außer natürlich du bist dir ganz sicher mit dem Geschenk! 🙂

Das zeigt auch diese Studie (PDF) von Gino und Flynn aus dem Jahr 2011. Die Autor:innen kommen zu der Erkenntnis, dass wir uns häufig für besonders tolle Geschenkaussucher:innen halten, obwohl das mehr als oft daneben geht und wir einfach dem Geburtstagskind seinen Wunsch hätten erfüllen sollen.

Und wenn dir was an der Beziehung zum Geburtstagskind liegt, dann solltest du dich besser daran halten… sofern die beschenkte Person männlich ist. Denn in der Studie (PDF) von Dunn, Huntsinger, Lun & Sinclair aus 2008 konnte ansatzweise gezeigt werden, dass Männer besonders empfindlich auf Geschenke vom anderen Geschlecht reagieren. Sie empfinden bei Erhalt eines schlechten Geschenks eine größere Ungleichheit zur Schenkenden, was als Indikator für eine schlechtere Beziehung zur dieser gesehen werden kann. Frauen hingegen sind nur sehr leicht von diesem Effekt betroffen. Weshalb das genau der Fall ist, untersuchten die Autor:innen leider nicht.

Aber wie gesagt, die Studie zeigt das nur ansatzweise. Sie wurde hauptsächlich mit jungen Leuten durchgeführt und außerdem nicht mit besonders vielen. Dennoch halte ich sie für höchst interessant und für einen Wegbereiter für zukünftige „Geschenkeforschung“. 🙂

Solange uns also Geburtstage feiern und Geschenke machen so Präsent (Achtung Wortwitz!) wie eh und je sind, sind wir also nahezu unausweichlich verpflichtet zu feiern (und zu schenken). Da wir meistens mit den Leuten feiern, die an diesem Tag geboren sind, lege ich jetzt hier einfach mal fest, dass wir deren Überleben über ein weiteres Jahr, so makaber das hier auch klingen mag, feiern.

Also an dieser Stelle: alles Gute an alle, die noch Geburtstag haben werden. 😉

Vielen Dank fürs Lesen und

bleibt auf UMWEGN!

Quellen:

  • Hewer, P. und Brownlie, D. (2009) „Association for Consumer Research“, Advances in Consumer Research, 36.
  • Zhang, Y. und Epley, N. (2012) „Exaggerated, mispredicted, and misplaced: When ‚it’s the thought that counts‘ in gift exchanges“, Journal of Experimental Psychology: General, 141(4), S. 667–681. doi: 10.1037/a0029223.
  • Dunn, E. W. u. a. (2008) „The gift of similarity: how good and bad gifts influence relationships“, Social Cognition, 26(4), S. 469–481. doi: 10.1521/soco.2008.26.4.469.

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Von UMWEGN

Seit 2016 schreibe ich nun auf UMWEGN. Das alles startete in Begleitung zu meinem Buch und mehr als ein Experiment. Mittlerweile möchte ich das Buch, den Blog oder den Podcast nicht mehr missen. Auf UMWEGN geht es um Gesellschaft, Kommunikation, Selbstentwicklung und hin und wieder um philosophisches. Ich wünsche viel Spaß beim Lesen!

10 Kommentare

  1. Lieber Lorenzo, danke, weil ich habe noch Geburtstag. So hatte ich das noch nie betrachtet. Vielleicht kommt es daher, dass man sich freut, wenn das eigene Kind ein Jahr alt ist und das feiert man dann, und so führt man dies fort…2.Geburtstag, 3., 4. .. Es ist ja auch eine Gelegenheit, Freunde bewusst einzuladen – klar könnte man das auch ohne Geburtstagsfeier. Häufig braucht es dann doch einen Anlass. Bescheidenheit lernt man im Kindesalter und setzt dies fort – mit oder ohne Geburtstag. Also muss jeder für sich entscheiden, welche Erwartungshaltung er an das Leben allgemein und an das Geburtstagsfeiern und Weihnachten und und und stellt. Geschenke brauchen wir gar keine und doch ist es schön, eine Kleinigkeit, die passt, zu bekommen. In diesem Sinn – feier ich dieses Jahr meinen Geburtstag mit meinen Freunden. Liebe Grüße Mama

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    1. Ist die Zeit, wie lange ein Kind schon auf Erden wandelt nicht relativ im Vergleich zu den Freuden, die dieses bereitet? Ich kann da eben nicht aus der Elternperspektive argumentieren. Aber warum freut man sich, wenn das Kind schon 1 Jahr alt ist? Ist das erste Jahr schwerer als das zweite oder irgend ein anderes folgendes? Wenn nicht, warum feiert man dann manche Geburtstage mehr als andere? Beispiel: 17 und 18. Weil man dann endlich Alkohol trinken, bei Gewinnspielen mitmachen darf oder gar Strafmündig ist? Ist für mich an dieser Stelle nicht so ganz ersichtlich…erkenne ich dann vielleicht wenn ich selbst mal ein Kind haben werde. Das sehen wir dann 🙂

  2. Ich denke, Geburtstage sind Ehrentage. Das Geburtstagskind steht im Mittelpunkt, es wird von allen beglückwünscht, es wird gefeiert und lieb gehabt. „Heute bist du wichtig“ – Das bedeutet Geburtstag in meinem Verständnis. Und vor dem Hintergrund erscheint es mir fair, einmal im Jahr jemanden in den Mittelpunkt zu stellen.
    Was das Schenken betrifft: In meiner Familie ist es längst Gang und Gäbe, sich nichts zu schenken. Auch meinen Freunden schärfe ich das jedes Jahr aufs neue ein: Keine Geschenke. Mir reicht eure Anwesenheit. Ansonsten werden die „gut gemeinten Gaben“ unausgepackt zurückgegeben. Mit dieser Drohung hält man sich unnütze Geschenke gut vom Leib. Und wenn einer damit anfängt, ziehen andere auch nach, versuchs einfach mal 😉

    1. Erscheint mir aber auch ein wenig fies jemanden nur einmal im Jahr und vor allem mehr oder weniger willkürlich als „wichtig“ zu bezeichnen. Gute Freunde sind uns natürlich das ganze Jahr wichtig. Erscheint mir mehr oder weniger als eine Art Gnadenveranstaltung, dass man jemandem mitteilt: „Ich habe dich nicht vergessen“. Aber gut, da besitzt wohl jeder seine eigene Auffassung 🙂

      1. Ist das nicht sehr negativ gedacht? Meinst du, es wäre besser, grundsätzlich jeden nie zu beachten?
        Ich mein, vor dem Hintergrund könnte jede Festivität abgeschafft werden. Ganz voran Weihnachten, der Geburtstag Jesus‘, aber auch jedes Stadtfest, jedes Jubiläum, jede vorm von Gedenktag… Und willkürlich ist das Datum ja auch ganz und gar nicht. Immerhin ist es ja der Geburts-Tag.

        Hast du denn nicht gern Geburtstag?

    2. Natürlich ist das an dieser stelle eher negativ, aber ich denke man sollte Menschen, damit sie sich wirklich wichtig fühlen, auch mal Freuden außerhalb des Rahmens des Geburtstages machen. Heutzutage wünscht man sich „Alles Gute“ über Facebook, usw. nur weil diese Medien uns daran erinnern jemanden das zu wünschen und nicht, weil uns die Person wichtig ist und wir uns daran erinnert haben.
      Über Religöse Feiertage möchte ich hier nicht diskutieren das ist schließlich ein Fass ohne Boden.
      Allerdings sehe ich das so, dass wir weiterhin Stadtfeste, Jubiläen und Gedenktage feier können, weil dabei ganz klar der Ausgangspunkt die Erschaffung beziehungsweise der Erhalt oder das Bestehen beispielsweise einer Stadt ist. Gleiches gilt für Jubiläen. An Gedenktagen „feiern“ wir dann im Gegenzug Ereignisse oder gedenken, wie der Name schon sagt, eben diesen Ereignissen. Diese werden ja auch häufig eingerichtet, eben für den Grund, dass ein Ereignis nicht vergessen wird.

      Ob ich gerne Geburtstag habe? Kann ich nicht so recht beantworten. Gerade vor dem von mir geschilderten Hintergrund erachte ich das alles als sehr scheinheilig. Ich möchte doch nicht Geburtstagswünsche von Menschen haben, mit denen ein ganzes Jahr kein Kontakt statt fand und man sich nur von Geburtstag zu Geburtstag hangelt. Außerdem brauche ich, für eine gute Zeit mit meinen Freunden keinen Vorwand, wie beispielsweise einen Geburtstag. Ich denke das wird auch einfach zu überdramatisiert diese ganze Chose mit dem Geburtstag. Ich freue mich natürlich darüber wenn jemand an mich denkt und mir alles Gute wünscht, aber es muss eben authentisch sein.

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