Moralapostel incoming!!!
Hallo, mein Name ist Lorenzo und ich bin ein wandelnder Engel auf Erden, der dir in diesem Blogeintrag zeigen wird, was du alles falsch machst und wie du, wie ich, jeden Tag etliche gute Dinge tun kannst. Wenn du alle mein Ratschläge befolgst, bekommst du vielleicht auch irgendwann deinen Heiligenschein und deine Flügel. Viel Erfolg dabei!
Ne Leute, Spaß beiseite.
Eigentlich will ich mich hier selbst an die Nase fassen. Und so viel Gutes tu ich leider nicht, dass ich imstande wäre euch an die Nase zu fassen, das müsst ihr schon selbst tun.
Alles auf Anfang
Wie komm ich denn eigentlich auf so einen Moralapostel-Post? Leider hat auch das einen weniger altruistischen Hintergrund.
- Nein, ich hab keiner lieben alten Omi geholfen ihre Einkäufe die Treppe hochzutragen.
- Nein, ich habe auch keinem Obdachlosen mein Essen und eine Decke gegeben, damit er draußen nicht verhungert oder frieren muss.
- Und nein, ich habe auch kein Spendenabonnement bei WWF abgeschlossen.
Ne, ich hab einfach einen anderen Beitrag nochmals durchgelesen und bin da auf eine kleine Passage gestoßen. Und der Pragmatiker in mir dachte sich: „Cool die greife ich einfach mal auf!“
In dem Beitrag „Bist du abhängig?“ schreibe ich folgendes:
Und was machst du dann da? Ganz einfach: du designst dein Produkt so, dass es schneller kaputt geht. Allerdings musst du dabei aufpassen, dass es nicht zu schnell kaputt geht, sodass dein Kunde wieder bei dir kauft.
So etwas nennt sich dann geplante Obsoleszenz. Du findest dazu auch ein Kapitel in meinem Buch.
SO muss dein Produkt sein! So funktioniert ja auch Primark. Billige Produkte, die schnell kaputt gehen, sodass du die dort wieder kaufst. Gut, eigentlich sind die Produkte doch teuer, weil du damit auch ein Teil deiner Seele an dieses schreckliche Unternehmen mit ihrem ausbeuterischen Verhalten verscherbelst, aber irgendwie kann man, egal wie man sich dreht und wendet sowieso nicht so richtig davor bewahren. Aber die Geschichte erzähle ich vielleicht ein ander Mal.
Ja toll! Dieses andere Mal ist hiermit gekommen. Und recycled habe ich den Beitrag auch, also doch schon eine gute Tat! Yeah!
Kein Entrinnen
Okay, muss ich an dieser Stelle nochmal erklären, warum man bei Primark auch einen Teil seiner Seele verkauft?
Ich denke nicht.
Dann erkläre ich lieber warum man sich nicht so recht davor bewahren kann.
Es ist nämlich wie folgt. Wenn wir bei dem Beispiel mit der Kleidung bleiben, dann sind die ganzen anderen Läden auch nicht viel besser als Primark. Die meisten, wenn nicht alle, produzieren in Asien zu Minimalstlöhnen. Lohn kann man das eigentlich auch nicht mehr nennen. Ja, Bettlergehalt trifft es da vielleicht eher, obwohl die teilweise wahrscheinlich sogar mehr verdienen.
Was bleibt also als Alternative?
Sogenannte Öko-Wear, Eco-Fashion, Bio-Kleidung kaufen?
Undenkbar. Wie sehen denn dann die Leute, dass ich mir die neusten Yeezes leisten kann? Oder neue Air Max?
Und außerdem haben diese ganzen Öko-Clothes nicht so ein nices Design. Die treffen einfach nicht den Geschmack.
Ja gut, dann also doch Kinderarbeit finanzieren, ne?
Öko-Fair-Lifestyle
Okay, das mit dem Design, da lässt sich noch drüber streiten. Ich meine vor einigen Jahren, hat man noch deutlich gesehen, wer Eco-Fashion trägt. Aber die designs sind viel besser geworden. Natürlich nicht so, wie konventionelle Sachen aber doch schon ganz nahe. Und den meisten sieht man es auch gar nicht an, dass es sich um Faire Mode handelt.
Aber warum kaufen das dann nicht so viele Leute?
Fragt man sich.
Ja ganz einfach. Diese Eco-Fashion ist teil eines Lifestyles. Das bedeutet nicht zwangsweise, dass man überall alles maximal Ökologisch macht. Das geht ja auch manchmal überhaupt nicht. Aber es bedeutet sehr wohl, dass man für sein Gewissen auch gerne mal einen Umweg geht.
Da ruht man sich dann nicht so schnell auf der Bequemlichkeit aus und ist bereit die Komfortzone zu verlassen, um etwas zu verändern. Und sei das eben nur im eigenen Leben.
Nicht bequem genug
und dabei meine ich jetzt nicht die Mode an sich!
Ja der Joke mit bequemer Kleidung musst irgendwie sein! 🙂
Es ist nämlich wie folgt, dass die ganze Sache mit Öko-Produkten nur für die breite Masse funktioniert, wenn diese unmittelbar und nicht mit einem großen Plus an Mehraufwand verbunden ist. Die Produkte sollten genau, wie das konventionelle Zeug auf der Zeil, der Neuhauser dem Kurfürstendamm und allen anderen Einkaufsstraßen verfügbar sein.
Und nicht nur verfügbar, sondern auch präsent.
Klar, wenn jetzt so’n Galileo Team durch München zieht und die Leute fragt, ob die Eco-Fashion gut finden, dann sagt da doch jeder Penner „ja“. Schließlich könnten das Chef, Familie, Freunde sehen. Und das sind ja alles Engel vor denen man Zeigen muss, dass man auch ein Engel ist.
Den einen Schritt weiter zu gehen und das Zeug dann wirklich zu kaufen, macht dann aber doch keiner. Man kennte die Marken nicht, die Läden nicht und am Ende kann auch eigentlich jeder behaupten, dass die Menschen nicht ausgebeutet werden, die unter den schrecklichsten Bedingungen da deine zerissene Jeans zusammengenäht haben.
Das klingt jetzt hier auch schon wieder, als würde ich mit der Rute die unartigen Kinder bestrafen. Aber wie gesagt, ich bin auch nicht besser.
Je weiter ich aber diesen Blogeintrag schreibe und ich mich mit dem Thema auseinandersetzte, desto mehr beschleicht mich der Drang in Zukunft mein Zeug auch in solchen Öko-Stores zu kaufen. Mir persönlich sind Marken auch größtenteils egal. Gut die Adiletten mussten sein, aber der Rest…
Und Uncool ist das auch schon lange nicht mehr. Naja, wenns mir halt nicht gefällt oder nicht passt, kann ich auch nichts machen, aber mal in so einem Laden vorbeischauen, kann doch nicht schaden. Und teurer als die konventionelle Ware sind die Sachen auch nicht.
Was haben wir also zu verlieren? Außer die bequeme Position in unserer Komfortzone, die sich auf die großen Einkaufsstraßen beschränkt.
Und wenn du mir jetzt sagst, du kaufst nur im Internet, dann ist das ja fast noch schlimmer, da ist es echt kein Aufwand, dass du jetzt mal schnell Eco-Fashion eintippst oder einen anderen Markennamen.
Also…
Ja mist! Das ist jetzt hier bisschen krass in Richtung sustainable Fashion ausgeartet. War gar nicht mein Plan, aber manchmal weiß man einfach beim Losdüsen noch nicht wo man ankommt! 🙂
Eine Frage an dich!
Guckst du beim Kleiderkauf auf die Fairness oder die Ökologie oder hast du das mal vor?
Schreibs mir einfach mal in die Kommentare!
Bis nächsten Dienstag,
bleib auf Umwegn!
„Clothing“ Photo by Fancycrave
„Factory“ Photo by Thomas Hafeneth
Ich sehe außerdem einen Teil des Problems in der Schnellebigkeit der Mode an sich begründet, eine besondere Art der Obsoleszenz. Sie nimmt in dieser Hinsicht zusammen mit manchen technischen Produkten eine Sonderstellung zu anderen Konsumgütern ein. Und für viele ist sie wichtig genug, sich diesem System unterzuordnen. Schon wieder das Kugellager. Beziehungsweise ist Kleidung und damit der Kleidungsstil ein Ausdruck der eigenen Persönlichkeit, die sich durchaus ändert, bei manchen anscheinend auch jedes Jahr. Faire Kleidung ist für Studenten oder Geringverdiener im Durchachnitt einfach nicht erschwinglich. Du hast also Recht, wenn du sagst, dass Fairtrade Kleidung zu einem Lifestyle gehören und ich denke, das wird sich so schnell auch nicht ändern. Aber ich stimme dir auch in soweit zu, dass es moralisch und ökologisch gesehen richtiger wäre, nur faire Kleidung zu kaufen. Ein schöner Konjunktiv.
Hey Bekka!
Da hast du natürlich recht! Wir finden diese Obsoleszenz einfach in jedem Bereich unseres Lebens und mittlerweile ist sie fast unausweichlich geworden.
Vielleicht noch perfider ist das System der psychologischen Obsoleszenz. Wenn jedes Jahr etwas anderes in „Mode“ ist und man den Eindruck bekommt, dass man sich auch solch ein Kleidungsstück kaufen muss, um nicht von der Gruppe ausgeschlossen zu werden, dann wird man zwangsweise neue Klamotten kaufen, obwohl die alten noch lange nicht kaputt sind.
Das Auschlussmotiv ist immer noch eines der Stärksten Motivatoren, die den Menschen zum Handeln anregen. Wir möchten nun mal zur Herde gehören und wenn die Herde Primark kauft, dann kauft man auch Primark.
Das funktioniert besonders dann gut, wenn man noch in der Selbstfindung steckt oder generell eher weniger Selbstbewusstsein hat…
Deshalb ist eben ein Umschwung in großen Teilen der Gesellschaft nötig, um langfristig moralisch und ökologisch auf den richtigen Pfad zu gelangen.
Vielen Dank für deinen Kommentar!
LG Lorenzo