Spiegel – Fluch oder Segen?

Diesen berühmten Satz kennt sicherlich jeder von uns. Als Frage an den Spiegel im Märchen „Schneewittchen“ wurde er zur Ikone.

Aber auf die Idee, dass du selbst mal deinen Spiegel dasselbe Fragst, bist du sicherlich noch nicht gekommen, oder?

Nein, dass ist ja auch lächerlich. Wie soll den auch ein Spiegel wissen, wer die/der Schönste im ganzen Land ist? Okay, im Märchen ist der magisch, aber woher bekommst du dann so einen magischen Spiegel? Ja, also total absurd.

Ne, wir modernen Menschen fragen lieber viele Millionen fremde Menschen im Internet wer die/der Schönste ist. Und wir modernen Menschen sind auch Verfechter der Globalisierung und deshalb beschränken wir uns nicht auf die/der Schönste im ganzen Land, sondern übertragen die Frage auf die ganze Welt!

Ganz einfach!

Die moderne Version könnte also heißen:

 

Internet, Internet, das ich so schätz, wer ist die Schönste im ganzen Netz?

Fluch oder Segen?

Über meine sehr professionelle und repräsentative Instagram-Umfrage habe ich herausgefunden, dass 60% von euch den Spiegel als Segen empfinden.

Ui…hoffentlich hat da keiner an das Magazin gedacht. Das ist mir jetzt erst aufgefallen, dass es sich hierbei um ein Teekesselchen handelt. Ich meinte den Spiegel als Ding, Sache etc. in welcher man sich betrachten kann, der Licht reflektiert und so weiter und nicht das Magazin Spiegel und seine Unterkategorien Spiegel-Online etc.

Warum? Frage ich da. Warum ist das ein Segen? Gleichzeitig frage ich aber auch, warum 40% das nicht so empfinden?

Spiegel - ung

Geben die Menschen, die für Segen gestimmt haben einfach mehr auf die Meinung anderer? Ich meine letzendlich geht es nur darum, wie wir aussehen. Wir checken im Spiegel, ob die Frisur sitzt, nichts zwischen den Zähnen hängt und ob unsere Klamotten aufeinander abgestimmt sind.

Ich empfinde das natürlich auch als praktisch, wenn ich mal schnell checken kann, ob ich etwas zwischen den Zähnen hängen habe. Gerade bei Vorstellungsgesprächen oder Dates, gibt es doch nichts peinlicheres.

Andererseits ist der Spiegel doch in der Hinsicht ein Fluch, als das wir uns zu häufig darin betrachten. Und wenn wir lange etwas betrachten, ich meine dabei jetzt den eigenen Körper, dann fallen uns viel mehr Fehler auf, als den Menschen, die uns nur alle paar Tage ein paar Stunden sehen.

Vielleicht beschleicht dich beim häufigen Betrachten im Spiegel, dann das Gefühl, dass dies und jenes nicht stimmt und du das unbedingt ändern musst, weil dir das aufgefallen ist. Und wenn dir das schon aufgefallen ist, dann muss es den Menschen um dich herum ja auch aufallen und das kann und darf einfach nicht sein.

Schürt so ein Spiegel dann die Selbstzweifel nur noch mehr? Häufig gibt es ja auch den Vergleich zwischen Männern und Frauen. Wenn Männer sich im Spiegel angucken, nehmen sie sich selbst als muskulöser wahr, als sie tatsächlich sind und wenn Frauen sich im Spiegel ansehen, nehmen sie sich als dicker wahr, als sie tatsächlich sind. Wäre da das Fehlen von Spiegeln hilfreich, um das eigene Körpergefühl wieder zu verstärken und nicht nur visuell wahrzunehmen?

Vielleicht sind die Menschen, die den Spiegel als Segen ansehen auch einfach viel eitler als die, die eine andere Meinung haben. Möglicherweise sehen wir aber auch einfach gerne unser selbst. So rein grundsätzlich gesprochen. Ob wir mit der Reflektion im Spiegel dann glücklich oder nicht sind, liegt dann wieder an der Gesellschaft, ihren Normen und Zwängen und natürlich dem vorherschenden Schönheitsideal und inwiefern wir diesem entsprechen „müssen“.

Form, Farbe, Funktion

Rück - Spiegel

In unserer schönen neuen Welt gibt es aber nicht nur Kosmetik-Spiegel. Nein, auch der Zahnarzt benutzt Spiegel, um deine Zähne zu checken. Oder Energiekonzerne benutzen sogenannte Parabol-Speigel, die das Sonnenlicht bündeln, um Energie zu „erzeugen“. Oder jeder einzelne von uns benutzt sie im Straßenverkehr in Form von Rück- und Seitenspiegel beim Autofahren.

Und ohne Spiegel gäbs auch keine Diskokugeln, das ist auch ein sehr sehr wichtiges Anwendungsgebiet, welches wir nicht außer Acht lassen dürfen!

Also vielleicht doch nicht so ein Fluch?

Betrachten wir alle Spiegel in ihrer Gesamtheit, dann würde ich das eher verneinen. Der Spiegel macht so vieles einfacher, dass wir ihn nicht mehr missen wollen.

Allein der Kosmetikspiegel beziehungsweise die Spiegel, welche wir zum Betrachten unserer Selbst benutzen, sind mir ein Dorn im Auge. Allerdings können wir uns in der heutigen modernen, spiegelglatten Welt sowieso nicht mehr nicht-sehen. Türen, Scheiben, Autos. Irgendwie ist alles so glatt, dass wir uns darin sehen können. Und selbst wenn das nicht funktioniert, dann bleibt ja immer noch die Selfiekamera am Handy. Das ist quasi der moderne Spiegel, auch wenn sie anders funktioniert. Und selbst wenn die nicht funktioniert: Der Touchscreen spiegel auch hervorragend! #blackmirror

Oder hast du noch nie jemanden sich mittels Handykamera abchecken gesehen? Vielleicht hast dus sogar selbst schon mal gemacht? 😛

Schau dich (im Spiegel) an!

„Was ist aus dir geworden?“

Cinematografisch und poetisch wird der Spiegel ja gerne als Mittel zur Erkenntnis über die Veränderung des Selbst genommen. Dies funktioniert allerdings nur dann, wenn die vorangegangene, lange Abweseneheit eines Spiegels die voranschreitende Veränderung nicht sichtbar machen kann, sodass der Schock der bis dahin weit fortgeschrittenen Veränderung umso größer ist und zur Läuterung veranlasst. Nicht von ungefähr kommt eben auch der Ausdruck: „Jemanden den Spiegel vorhalten“.

In der Realität hingegen, ist der Spiegel eher Mittel zur Erkenntnis über den Stillstand des Selbst. Das entspringt dem Fakt, dass wir ihn zu oft vor Augen haben. Auf die Erkenntnis hin entscheiden wir uns eventuell für eine Veränderung oder dafür, uns weiterhin schlecht zu fühlen.

„Uuuuund das heißt jetzt was?“ – fragst du dich.

Liegt das nicht auf der Hand? Dass wir alle unsere Spiegel und spiegelnden Flächen zuhause abkleben müssen! Kein Handy mehr oder jedenfalls nur mit Matt-Folie, keine Scheiben, kein Glastisch, keine Alufolie etc… Tod den spiegelnden Flächen!!!

Ne mal ernsthaft: Was sollen wir schon machen? Wie gesagt: Spiegel sind überall und unausweichlich. Wir müssen nur den Wert, den wir ihnen zuschreiben, verändern. Allerdings beginnt das nicht beim Spiegel selbst, sondern bei dir, deinen Werten und deinem Umfeld. Der Spiegel verstärkt Unsicherheit, Selbstzweifel, Eitelkeit,, etc. er erschafft sie nicht.

Fazit: Also doch viel mehr Segen als Fluch!

Und damit vielen Dank fürs Lesen und

bleib auf Umwegn!

„Eyes“ Photo by Vince Fleming

„Rear view mirror“ Photo by Kalle Kortelainen

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Von UMWEGN

Seit 2016 schreibe ich nun auf UMWEGN. Das alles startete in Begleitung zu meinem Buch und mehr als ein Experiment. Mittlerweile möchte ich das Buch, den Blog oder den Podcast nicht mehr missen. Auf UMWEGN geht es um Gesellschaft, Kommunikation, Selbstentwicklung und hin und wieder um philosophisches. Ich wünsche viel Spaß beim Lesen!

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