Pures Chaos – Gut oder schlecht?

„Ordnung braucht nur der Dumme, das Genie beherrscht das Chaos.“

-Albert Einstein

Dieses Zitat kennst du sicherlich auch. Doch inwiefern behält Einstein recht damit?

Und was bedeutet eigentlich Chaos? Was ist das und warum benutzen wir dieses Wort fast ausschließlich bei der Beschreibung von Kinderzimmern oder apokalyptischen Filmen?

Am Anfang war Chaos…oder doch Ordnung?

Wenn wir uns die Natur mal so anschauen, dann könnte man beim ersten Anblick vielleicht sagen, dass diese sehr stark mit dem Prinzip der Willkürlichkeit arbeitet. Bei genauerem Hinsehen kann man aber doch erkennen, dass viele der Dinge, die wir als vielleicht so willkürlich betrachten, auf diversen Prozessen basieren, die zuvor abgelaufen sein müssen, bevor sich dieses Ereignis überhaupt erst zuträgt.

Gegebenenfalls ist es vielleicht eher ein Zusammenspiel aus Chaos und Ordnung anstelle eines entweder-oder, was sich da in unserem täglichen Leben als „Natur“ ereignet.

Aber was bedeutet Chaos überhaupt? Häufig wird Chaos definiert als: Abwesenheit, Auflösung aller Ordnung oder völliges Durcheinander.

Und wenn wir diese Definition dann auf unser zuvor betrachtetes Beispiel anwenden, dann lässt sich doch klar sagen, dass es sich hierbei nicht um Chaos handelt. Es ist immer noch zu viel Struktur darin enthalten. Zu viel läuft geregelt und zu viel läuft anhand von „festgelegten“ Prozessen ab. Natur ist, auch wenn sie häufig so wirkt, nicht chaotisch.

Bei solch einer Definition stellt sich mir aber weitergehend die Frage, wie umfangreich die Abwesenheit/Auflösung aller Ordnung sein muss. Schließlich lässt sich Chaos auf so viele große sowie kleine Räume übertragen. Beispielsweise kann die ganze Welt in Chaos versinken. Da musst du nur mal einen von den zahlreichen Apokalypse-Filmen angucken. Gleichermaßen kann auch dein Zimmer „das reinste Chaos“ sein oder dein Schreibtisch. Wir sprechen sogar manchmal von Chaos im Hinblick auf Ungreifbares, wie Gedanken.

Muss es sich dabei also stets um eine Art geschlossenes System handeln? All die genannten Dinge besitzen klare Grenzen. Oder kann Chaos nur dort entstehen, wo wir eigentlich Ordnung vermuten oder gar erwarten?

Im Gegenzug dann wieder die Frage mit dem Blick auf unsere Natur. Erwarten wir von ihr Ordnung? Möglicherweise ist die Idee des Chaos für den logikaffinen Menschen schlicht zu Abstrakt. Vielleicht erwarten wir keine Ordnung, wünschen sie uns jedoch. Vielleicht sind wir aber mittlerweile auch so viel Ordnung gewohnt, dass Chaos etwas fremdes geworden ist.

Eher nicht: wir finden ja selbst in der Natur logische Verknüpfungen, Regeln, Gesetze, die das Entstehen von völligem Chaos überhaupt erst unmöglich machen.

Umgangssprache ist Chaos

Aber warum bezeichnen wir dann beispielsweise ein Kinderzimmer, einen Schreibtisch oder Notizen als Chaos oder chaotisch? Wenn die Natur nicht chaotisch ist, wie kann es dann unser Leben sein?

Es ist klar einfach umgangssprachlich. Ist es nicht so: Nur weil du meine Ordnung nicht durchblickst und verstehst, heißt das noch lange nicht, dass ich im Chaos lebe, arbeite oder schreibe.

 

Möglicherweise gibt es ein System und dir fällt die vorhandene Ordnung nicht gleich in den Schoß: dann muss es ja Chaos sein, richtig?

Haha du kleiner Egozentriker, nein, leider falsch. 🙂

Fraglich ist doch auch, ob wir Chaos überhaupt erschaffen können. Gibt es wirkliches Chaos denn überhaupt? Denn wenn wir jetzt Chaos erschaffen, dann ist es doch auch immer unser eigenes Chaos. Beispielsweise lege ich häufig ein paar Sachen auf meinen Schreibtisch ab. Dann kommen noch ein paar mehr dazu. Uuuund vielleicht ganz vielleicht noch ein paar mehr.

Wenn ich dieses man-made Chaos jetzt jemanden präsentieren würde, dann würde diese Person sicherlich sagen, dass Chaos auf meinem Schreibtisch herrschen würde. Aber ist es Chaos, wenn ich trotz der vermeintlichen Unordnung trotzdem ungefähr weiß, wo was liegt? Ich denke nicht.

Anderes Szenario: Angenommen wir versuchen absichtlich Chaos zu erschaffen. Du schließt deine Augen und schmeißt einfach dein Hab und Gut durch die Gegend.

Rechts-links-rechts-links-links-links-rechts….und so weiter und so fort.

Wenn wir weiterhin davon ausgehen, dass du nicht weißt welchen Gegenstand du gerade wohin geworfen hast, dann könnte man sagen, dass du Chaos geschaffen hast, oder? Das gelingt eben nur dann, wenn wir wirklich nicht wissen, welche Gegenstände wir bewegen. Andernfalls kannst du dir erstaunlich gut merken, wo du was hingeworfen hast. Dann ist abermals kein Chaos entstanden. Und um das jetzt in einen realitätsnahen Kontext zu bringen: Wann machen wir das schon mal? Genau: nie.

Dementsprechend bezeichnen wir also Dinge als chaotisch oder als Chaos, wenn sie nicht auf Anhieb für uns durchschaubar sind. Wenn wir kein System entdecken können und wenn für uns keine Logik hinter der Anordnung ersichtlich ist.

Genie & Chaos

Um jetzt nochmals den Bogen zu unserem guten Albert zu spannen.

Was ist jetzt mit dem Zitat:

 

„Ordnung braucht nur der Dumme, das Genie beherrscht das Chaos.“

Bewahrheitet es sich jetzt?

Ich denke mit dem richtigen Blick auf die Umstände, kann das schon sein. Eine kleiner Zusatz zu dem sehr bekannten Zitat könnte beispielsweise dieser sein:

 

Ein Genie ist man nur dann, wenn man nicht nur sein eigenes „Chaos“ durchblick sondern auch solches, welches man eben erst aufgefunden hat.

Wie wir aber auch schon gesehen haben, ist das eigene Chaos, sowieso kein Chaos. 🙂

Beim vermeintlichen Durchblicken eines Chaos besteht allerdings auch die Gefahr der „Überanalyse“. Wenn man versucht in jeglichem Chaos ein System zu finden, auch wenn es als unmöglich gilt. Früher oder später gelangt man mit solch einer Einstellung zur Selbsttäuschung „erkennt“ ein System, welches nicht vorhanden ist.

Chaos tut gut

Dieses ganze hin und her definieren, lassen wir jetzt mal beiseite.

Was ist denn mit den Eigenschaften von Chaos. Es heißt ja schon seit längerer Zeit, dass ein unaufgeräumter Schreibtisch bei kreativen Aufgaben förderlich sein kann.

Ich denke auch, dass der übertriebene Zwang zu Ordnung nicht gut für jemanden ist. Natürlich mag ich es auch, wenn ich mein Zimmer mal wieder aufräume und plötzlich alles so ordentlich ist. Aber es tut genauso gut, einfach mal die Ordnung beiseite zu lassen und ein wenig selbst gemachtes Chaos entstehen zu lassen. Warum auch nicht? Danach lässt sich die Ordnung auch erst wieder wirklich schätzen!

Und wenn du es selbst erschaffst, handelt es sich ja auch gar nicht wirklich um Chaos. Du findest dein Zeug ja meistens trotzdem wieder.

Von daher: Mut zu ein bisschen mehr Chaos!

Vielen Dank fürs Lesen und

bleib auf Umwegn!

„Painting“ Photo by Patrick Tomasso

„Books“ Photo by Cristina Gottardi

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Von UMWEGN

Seit 2016 schreibe ich nun auf UMWEGN. Das alles startete in Begleitung zu meinem Buch und mehr als ein Experiment. Mittlerweile möchte ich das Buch, den Blog oder den Podcast nicht mehr missen. Auf UMWEGN geht es um Gesellschaft, Kommunikation, Selbstentwicklung und hin und wieder um philosophisches. Ich wünsche viel Spaß beim Lesen!

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