Heuchelei

Eines der schlimmsten Dinge die man sein kann wenn man Rapper ist:

Fake

Aber ist das nicht eigentlich genauso schlimm, wenn man kein Rapper ist?

Niemand mag „falsche Schlangen“, Heuchler oder Blender. Wir wollen einfach immer den Real Deal, weil wir uns nicht gerne verarschen lassen. Leuchtet ja auch ein.

Du Heuchler!

Manchmal hingegen, ja manchmal ist es gar nicht so einfach so echt zu bleiben. Diese ganzen Ratgeber und Tipps um authentisch zu sein, sind meist ganz einfach gestrickt. Frei nach dem Motto:

 

Stehe zu deinen Entscheidungen und Handlungen und übernehme Verantwortung für diese, dann wirst/bist du authentisch!

Ja schön und gut. Leider funktioniert das nicht, ein paar ganz einfache Tipps auf so etwas komplexes, wie den Menschen anzuwenden. Man kann nicht, auch wenn das so gerne gesehen ist, immer zu 100% real sein.

Ich sehe das ja auch ganz häufig an mir selbst. Es ist an dieser Stelle wahrscheinlich weniger vorteilhaft meine, ich nenn es mal, Zwiefaltigkeit aufzuzeigen, aber hey, sonst wäre ich ja nicht authentisch. 🙂

Es fühlt sich für mich nun langsam auch so an, als ob ich immer häufiger Beiträge schreiben würde, die sagen, wie es sein sollte, wie ich sein sollte oder wie ich gerne wäre. Sie verbindet alle eine Sache: Das ich nicht so bin, wie ich das dort beschreibe. Macht mich das gleich zum Heuchler?

Ein bisschen vielleicht, aber es ist nicht weniger authentisch, wenn ich schreibe, dass man dies und jenes so machen könnte und, dass ich mir vornehme in Zukunft so etwas zu tun oder so zu sein. Ich behaupte ja nun mal auch nicht, dass meine Ratschläge, Ideen und Anregungen auf bereits gemachten Ideen beruhen. Na ja, wenigstens schreibe ich das dann jedenfalls dazu, wenn das nicht der Fall war.

Nein, heuchlerisch ist sowas dann erst, wenn ich behaupte etwas zu sein oder etwas getan zu haben, was nicht der Wahrheit entspricht oder, wenn ich bspw. sagen würde: Nein ich fahre nicht gerne Riesenrad und dann siehst du mich fünf Mal am Tag in der Schlange zum Riesenrad stehen.

Oder wenn ich sehr sehr häufig auf Instagram etwas poste, das gar nicht so ist, wie es scheint. Aber im Internet blenden ja alle gerne. Niemand möchte dort abgehängt werden und deshalb blenden alle! Schön oder? 🙂

Es ist nicht immer so, wie es scheint

Aber bei solchen Kleinigkeiten würden wir ja nicht gleich den anderen als Heuchler bezeichnen, oder? Es ist viel mehr so, dass von der Person durch viele solche, wir könnten sagen, Verstöße gegen die gesellschaftliche Norm des real-seins immer weiter zu einer von den anderen als Fake wahrgenommenen Person geschliffen wird.

Interessant ist doch, dass die Menschen immer Authentizität und Aufrichtigkeit verlangen, obwohl man das doch bei all den Tricksereien und Betrügen auf der Welt gar nicht mehr erwarten sollte. Alles ist irgendwie Heuchelei. Angefangen am klassischen Beispiel der Politiker, die immer viel reden, aber nichts machen, über Werbung, bis hin zu dir selbst.

Weiterhin ist doch fraglich, inwiefern eine Person Authentizität verlangen darf, wenn sie selbst sehr wahrscheinlich nicht authentisch ist.

Ich meine, das kann auch ganz schön anstrengend sein. Es ist nun mal auch irgendwie immer ganz schön, wenn man noch ein Hintertürchen in seinen Aussagen einbaut. Dann kann man auch einfach mal schnell sagen: „Nein, so habe ich das nicht gemeint“. Und man muss sich dann auch nicht so schnell für eine Aussage rechtfertigen, weil sie eben mit diesem kleinen Satz revidiert werden kann. Oder aber man kann sich der Situation und dem Umfeld anpassen und daraufhin seiner vorangegangenen Aussage noch die richtige Richtung verleihen.

Zum Real-sein gehört also noch viel mehr als Verantwortung für seine Entscheidungen und Handlungen zu übernehmen. Es gehört auch dazu, dass man das was man sagt ernst meint, oder eben das nicht ernste so wiedergibt, dass es zweifelsfrei als Spaß, Ironie oder Sarkasmus aufgenommen wird. Obwohl es unmöglich ist so etwas Zweifelsfrei zu machen, aber das lassen wir jetzt mal so stehen.

Ich will das eigentlich ganz anders!

Es gibt aber auch Situationen in welchen wir quasi zum Heucheln getrieben werden. Wenn ich jetzt sage: Meine Lieblingsfarbe ist Grün, dann aber viele meiner Habseligkeiten blau sind, dann ist das schon irgendwie heuchlerisch. Die Problematik liegt nun darin, dass ich gerne mehr grüne Sachen hätte, es aber ganz viele Dinge einfach nicht in einem schönen Grünton gibt. Manchmal gibt es gar keine Farbvariation und wenn es eine gibt, dann ist diese eben meistens Blau.

Dabei macht mir dann einfach das verfügbare Angebot einen Strich durch die Rechnung und ich werde zum notgedrungenen Heuchler.

Schlimm ist das natürlich nicht, aber es kratzt doch ein wenig auch an meiner Authentizität.

Anderes Beispiel wäre jetzt, wenn ich sage, ja ich bin eigentlich gar nicht gerne betrunken. Und dann weißt du aber ganz genau, dass ich jedes Wochenende sternhagelvoll bin. Mehr Heuchler geht eigentlich kaum.

Kann ich das dann damit rechtfertigen, dass der gesellschafltiche Druck zu trinken besteht? Oder, dass das einfach immer alles mit einem harmlosen Bierchen beginnt und mir dann die notwendige Disziplin fehlt im richtigen Moment mit dem Trinken aufzuhören, um nicht so betrunken zu enden?

Wie man wenigstens Semi-Real bleibt

Nein, das macht es fast nur noch schlimmer. Dann würdest du noch mehr an meiner Authentizität zweifeln.

Was mach ich dann also in so einer Situation? Ich sage von vornherein: „Ich mag es eigentlich nicht so betrunken zu sein, aber irgendwie ende ich trotzdem immer total voll.“

Wahrscheinlich liegt das wirklich an der Disziplin, dass ich das einfach nicht schaffe, aber aus diesem Grund muss nicht auch gleich meine Authentizität in Mitleidenschaft gezogen werden.

Um real zu bleiben, muss ich also von vornherein klar stellen, dass, obwohl ich eine Sache nicht mag, sie trotzdem, durch mir „unbekannte“ Gegebenheiten, trotzdem immer tue. Dann entkräftige ich die Aussage schon im zweiten Teil und erhalte mir somit das Bild des „Real Deals“.

Ganz schön geschickt eigentlich. Wenn ich jetzt aber so etwas mache, bin ich dann nicht von vornherein eigentlich weniger authentisch als wenn ich es erst ein mal darauf ankommen lassen würde? Wahrscheinlich hat das eher etwas damit zu tun, wie mein Gegenüber das aufnimmt, wenn die Erwartung, die ich durch meine Aussage geschaffen habe, enttäuscht wird. Die Enttäuschung schädigt wahrscheinlich mein Bild beim Gegenüber mehr, als wenn ich nicht ganz so real bin von anfang an. Dann können natürlich auch keine Erwartungen enttäuscht werden und mein semi-authentisches Bild bleibt erhalten und das scheint immer noch besser als fake zu sein.

Oder? Was meinst du schreib es mir mal in die Kommentare!

Das war’s für erste, keep it real und

bleib auf Umwegn!

„Palmtree“ Photo by Maarten van den Heuvel

„Liquor Illusion“ Photo by Charles „Duck“ Unitas

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Von UMWEGN

Seit 2016 schreibe ich nun auf UMWEGN. Das alles startete in Begleitung zu meinem Buch und mehr als ein Experiment. Mittlerweile möchte ich das Buch, den Blog oder den Podcast nicht mehr missen. Auf UMWEGN geht es um Gesellschaft, Kommunikation, Selbstentwicklung und hin und wieder um philosophisches. Ich wünsche viel Spaß beim Lesen!

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