Wir kennen das doch alle.
Eigentlich, müssten wir richtig viel für die nächsten zwei, drei oder sogar vier Wochen Dauerbeschuss Klausuren lernen.
Eigentlich hätten wir aber auch schon vor mindestens zwei Wochen damit anfangen sollen und eigentlich will uns irgendwie die nötige Motivation nicht einfach in den Schoß fallen und sowieso: plötzlich ist einfach alles interessant.
Willkommene Ablenkung!
Wir entdecken dann Flecken auf unserem Boden, der Wand und sogar an der Decke, die uns noch nie zuvor aufgefallen sind. Die muss man dann natürlich erst beseitigen, denn so kann man einfach nicht lernen!
Plötzlich ist auch die nervige Baustelle vor dem Fenster gar nicht so schlimm, denn eigentlich ist das ja auch ganz interessant, wie die da arbeiten.
Vielleicht überprüfen wir auch, wie gut wir eine Minute abschätzen können und, ob wir nicht im Zweifelsfall, falls wir doch durch die Klausuren fallen, für welche wir eigentlich gerade lernen sollten, auch als Stoppuhr arbeiten könnten.
Oder aber man verfällt diesen wundersamen Streaming-Diensten, die einen, einmal gefesselt, nicht mehr loszulassen vermögen.
Was es auch immer sein mag, was wir tun, es ist alles andere als Produktiv im Hinblick auf unsere anstehenden Klausuren.
Jetzt will ich aber mal ganz optimistisch auf diese, ja man könnte fast Kunstform sagen, „Procrastination“ (engl. : Aufschub, der ; Verzögerung, die) oder zu deutsch eben mit k „Prokrastination“, blicken
Gerade dann, wenn wir bereits viel an einem Tag gelernt haben, ist das vielleicht auch gar nicht mal so schlecht, sich eine Pause zu gönnen. Ihr kennt sicher diesen Moment, wenn ihr einfach so fertig vom Lernen seid, dass einfach nichts mehr in euren Kopf reinpassen will.
Da kommt einem ein wenig hirnloses Fernsehen gerade recht, oder? So zum Abschalten nach dem anstrengenden Lernen. Ob es dann gedächtnistechnisch effizient ist, eine Serie zu gucken nachdem wir uns den ganzen Tag Klausurenstoff reingezogen haben, sei mal dahin gestellt.
Stress: Kurz und heftig oder lang und mäßig?
Mal heruntergebrochen ist „Procrastination“ doch nichts anderes, als sich vom Stress und vom Lernen abzuhalten oder abzulenken. Nimmt unser Gehirn also quasi „Zwangsurlaub“ vom Lernen, macht damit aber eigentlich nur alles schlimmer?
Denn je mehr wir uns vom Stress entziehen und uns verweigern zu erkennen, wie viel wir tatsächlich lernen müssen, umso mehr Stress haben wir doch dann am Ende. Es könnte aber auch sein, dass die Dauer des Stresses hier eine ganz entscheidende Rolle spielt, also sich lieber lange wenig Stress entziehen, dafür aber kurz und heftig ein paar Tage maximal gestresst sein. Oder hilft uns der dabei entstehende Druck doch dabei zu Höchstleistungen aufzulaufen?
Kreative Studenten sagen ja schon seit langer Zeit, dass nur unter Druck Diamanten entstehen.
Gilt das auch hier?
Fördert es uns dann möglicherweise sogar?
Oder liegt das doch ganz banal auf unserer mangelnden Disziplin, die sich in unserer verweichlichten und bequemen Gesellschaft immer weiter zu verbreiten scheint?
Sind wir schlichtweg faul?
Mein Verstand weiß schon was er tut!
Könnte es nicht aber auch sein, dass wir insgeheim alle wissen, wie viel wir lernen müssen.
So ganz unbewusst?
Vielleicht basiert der Umfang unserer Bemühungen und ausgedehnten Pausen auf dieser unbewussten, aber meist doch relativ genauen Einschätzung? Möglicherweise, weiß das Gehirn unbewusst besser, zu was es in kurzer Zeit in der Lage ist, als wir (bewusst) selbst.
Natürlich spielt dabei auch das Ziel eine Rolle und, wie wichtig uns unsere Noten sind. Wenn wir jetzt auf eine 4,0 abzielen, dann können wir auch deutlich mehr prokrastinieren, als im Vergleich, bei dem Ziel einer 1,0. Ist ja auch ganz logisch.
Sollten wir uns dann aber ein wenig mehr entspannen und uns nicht allzu sehr stressen, weil sich am Ende doch schon alles fügen wird?
Die Lösung?
Was auch immer der Grund dafür sein mag, wir müssen uns bewusst werden, dass es da einen ganz schmalen Grat zwischen Prokrastination, also dem tatsächlichen Aufschieben, und bewusstem Pausieren gibt. Dieser kann uns schnell gefährlich werden, sollten wir es tatsächlich schaffen, gar nicht zu lernen beziehungsweise die Klausur nicht zu bestehen.
Vielleicht müssen wir uns dann aber auch fragen, ob wir die überhaupt bestehen wollen.
Kommt daher nicht auch Motivation zu lernen?
Das ist der wichtige Punkt hier. Nicht ob oder wie lange wir prokrastinieren, sondern warum.
Wenn wir keinen Grund dafür haben, weil wir für das brennen, was wir tun, werden wir auch nicht in die Prokrastination rutschen, oder?
Natürlich verlässt uns alle mal die Motivation, aber wenn wir wahrlich gar keine haben und es uns auch eher wenig kümmert, sollten wir unsere Situation vielleicht nochmals überdenken.
Ich denke, um so richtig effizient zu lernen, müssen wir uns das erst einmal vor Augen halten, wie wichtig uns die Note und/oder das Studium tatsächlich ist. Oder wie jetzt solche Produktivitätsratgeber sagen würden: Man muss sich ein angemessenes Ziel setzen.
Und mit diesen Worten wünsche ich euch viel Erfolg bei euren Klausuren! Lernt fleißig!
…oder lasst es sein.
Was auch immer ihr tut
bleibt auf Umwegn!
„Hammock“ Photo by Drew Coffman
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